Das Kreuzband – Eine Erklärung
Zentrale Bestandteile des Kniegelenks sind neben den beiden Menisken und den beiden Seitenbändern das vordere, sowie das hintere Kreuzband. Ihr Name rührt vom anatomischen Verlauf, beide kreuzen sich im Zentrum des Kniegelenks. Doch was ist das Kreuzband und warum ist es für uns so wichtig? Diese und weitere Fragen versuche ich in diesem Beitrag näher zu beleuchten.
ÜBERSICHT
Was ist das Kreuzband?
Die Kreuzbänder sind die zentralen Säulen der Stabilität des Kniegelenks. Durch die beiden Kreuzbänder wird der Roll-Gleit-Mechanismus des Knies überhaupt möglich. Sowohl das vordere (Ligamentum cruciatum anterius oder oft auch als VKB, LCA bzw. ACL bezeichnet), als auch das hintere Kreuzband (Ligamentum cruciatum posterius oder HKB, LCP bzw. PCL) bestehen aus straffen, kollagenen Faserzügen und verbinden Oberschenkel und Schienbein miteinander. Das vordere Kreuzband zieht von der Insertionsfläche am Oberschenkelknochen hinten-oben-außen zu jener am Scheinbein nach vorne-unten-innen.
In der Literatur wird das VKB häufig in zwei Hauptbündel, das anteromediale (AM-Bündel) und das posterolaterale (PL-Bündel) eingeteilt, zwischen diesen beiden liegt ein intermediäres Bündel.
Warum ist das Kreuzband so wichtig?
Vorderes und hinteres Kreuzband stabilisieren das Kniegelenk während des gesamten Bewegungsablaufs, da ihre Anteile in jeder Lage gespannt sind. Dies geschieht nicht nur beim Sport, sondern auch bei alltäglichen Bewegungen. Doch gerade beim Sport und insbesondere beim Leistungssport sind stabile Kreuzbänder nochmal wichtiger, da hier eine noch wesentlich höhere Belastung auf das Knie zukommt. Neben den Bändern selbst, ist auch eine gut trainierte Muskulatur zur weiteren Stabilisierung und Unterstützung der Bänder essenziell.
Das vordere Kreuzband dient darüber hinaus als Schutz für andere Strukturen im Knie, durch die Führung von äußerer Oberschenkelrolle zum Schienbeinplateau werden Menisken und Knorpel vor Zerstörung und Abnützung geschützt.
Welche Funktion erfüllt das Kreuzband?
Gemeinsam mit beiden Seitenbändern halten die Kreuzbänder das Kniegelenk zusammen und stabilisieren dieses, indem sie Vor- und Rückschubsbewegungen und Rotationsbewegungen, insbesondere die Innenrotation, einschränken. Das vordere Kreuzband gilt oft als das wichtigste und am meisten belastete Band des Kniegelenks. Es sichert das Schienbein gegen eine Verschiebung nach vorn, begrenzt gemeinsam mit dem hinteren Kreuzband die Unterschenkeldrehung bei Rotation und unterstützt die Seitenbänder. Neben seiner Funktion als Stabilisator spielt das VKB auch bei der Propriozeption eine wesentliche Rolle. Am Band selbst befinden sich viele Mechanorezeptoren, mit denen Informationen über die Kniegelenksstellung aufgenommen werden können, um anschließend stabilisierende Muskelgruppen zu aktivieren.
Wann reißt ein Kreuzband?
Eine Kreuzbandriss, insbesondere eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes gehört zu den häufigsten Verletzungen des Kniegelenks und nimmt durch die steigenden sportlichen Aktivitäten stetig zu. In den meisten Fällen sind Sportverletzungen die Ursache für Rupturen des VKBs. Vor allem Sportarten mit schnellen Richtungswechseln, Beschleunigung und Drehbewegung wie Fußball, Tennis oder Basketball sind anfällig für Kreuzbandverletzungen, die mit Abstand meisten Rupturen passieren jedoch beim Skifahren.
Typischer Verletzungsmechanismus ist eine Kombination aus Verdrehen und Einknicken, seltener auch Überstrecken des Kniegelenks. Es reißt, wenn das Kniegelenk gebeugt, abgespreizt und nach außen rotiert wird, Fuß und Unterschenkel aber fixiert sind und sich nicht mitdrehen. Forcierte Flexions- und Innenrotationsbelastungen oder eine seitliche Belastung im Sinne von O-Beinen können ebenfalls zu einem Riss führen. Mitunter können bei Verletzungen des vorderen Kreuzbandes auch andere Strukturen im Kniegelenk beschädigt werden, häufig handelt es sich um Begleitverletzungen des Innenbandes sowie Innenmeniskus.
Wie wird ein gerissenes Kreuzband behandelt?
Ein gerissenes Kreuzband kann sowohl operiert werden, aber auch unter Umständen konservativ behandelt werden. Die Art der Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Verletzung und den Ansprüchen der Patienten und sollte immer gemeinsam mit diesen besprochen werden.
Bei einem konservativen Therapieansatz ohne Operation sind eine Ruhigstellung sowie eine Stabilisierung des Kniegelenks mithilfe einer Schiene der erste Schritt. Zusätzlich ist eine intensive Physiotherapie von großer Bedeutung, um die Oberschenkelmuskulatur zu kräftigen und um das Kniegelenk zu stabilisieren. Qualität der Physiotherapie und die Mitarbeit sowie Motivation der Patienten sind entscheidend für die Stabilität und Funktion des Gelenks nach einem Kreuzbandriss. Gerade bei körperlich aktiven Patient/innen, aber auch, um einer zunehmenden Knorpelabnützung entgegen zu wirken, ist eine Operation sinnvoll.
Der Eingriff erfolgt großteils arthroskopisch und damit minimalinvasiv. Der Zeitpunkt der Operation muss individuell mit dem Patienten/der Patientin bestimmt werden und ist von mehreren Faktoren abhängig. Bei der operativen Rekonstruktion werden meist körpereigenen Sehnen für die Kreuzbandplastik verwendet. In den allermeisten Fällen werden die Hamstring-Sehnen (Semitendinosus und zusätzlich eventuell Gracilissehne) von der Oberschenkelrückseite verwendet, Alternativen dazu sind die Quadrizepssehne, Patellarsehne oder in seltenen Föllen eine Spendersehne (sogenanntes Allograft).
Auch für die Fixation der Sehnen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, gängige Methoden sind Metallplättchen, auflösende oder nichtauflösende Schrauben oder normale Metallschrauben.
Die Entscheidung, ob operiert werden sollte oder nicht, wann operiert werden sollte und auf welche Art und Weise operiert werden sollte, sollte stets im Gespräch zwischen Patient/in und Orthopäde gefällt werden und hängt wie angesprochen von unterschiedlichen Faktoren ab.
Als Spezialist mit beinahe 5000 Knieoperationen stehe ich bei Fragen in Bezug auf Kreuzband- und möglichen Begleitverletzungen jederzeit zur Verfügung.